15-Jährige von Mädchen-Gang blutig geprügelt - Mutter macht Schule schwere Vorwürfe (2024)

In Dortmund ist eine 15-Jährige brutal von einer Mädchen-Gang verprügelt worden. Nun macht die Mutter der Schule schwere Vorwürfe, ihre Tochter nicht ausreichend geschützt zu haben. „Das ist kein Einzelfall, Mobbing und Gewalt sind bitterer Alltag für etliche tausend Schüler“, warnt Gewaltpräventions-Experte Carsten Stahl.

Diese Videoaufnahmen machen fassungslos: Die 15 Jahre alte Laura wird in einer Mädchentoilette einer Realschule in Dortmund von fünf etwa gleichaltrigen Mädchen verprügelt. Brutal zerren sie Laura, die aufschreit, von allen Seiten an ihren langen Haaren. Sie greifen ihr mit ihren Händen ins Gesicht, schlagen immer wieder mit Fäusten gegen den Kopf, in die Seite, treten von unten gegen den nach vorn gebeugten Oberkörper. Die Täterinnen packen ihr Opfer an den Kleidern und versuchen, das Mädchen in Richtung Boden zu drücken.

14 Sekunden eines ganz offenbar vorbereiteten, bewusst mitgefilmten Angriffs, versehen mit der Anmerkung „Diesmal habe ich es besser gemacht“. Denn vier Tage vor jener Attacke, die sich am 16. Januar in der „Robert-Koch-Realschule“ in Dortmund ereignet hat, hatte es schon eine kleinere an einer Treppe im Schulgebäude gegeben. Zudem tauchen Videos in Chatgruppen auf, in denen Täterinnen sich über das Opfer lustig machen und sich mit ihren Taten brüsten.

„Statt Polizei zu rufen, musste Tochter Rapport schreiben“

Laura* war wegen eines spontanen Schulwechsels erst zum Jahresbeginn an die Realschule gekommen. Sofort hätten die Mobbing-Probleme begonnen, verwickelt sei zuletzt eine Gruppe von etwas sieben Mädchen gewesen, erklärt Lauras Mutter FOCUS online am Telefon. Zwar sei es eine Lehrerin gewesen, die die Attacke auf ihre Tochter am 16. Januar in der Mädchentoilette schließlich beendet hätte. Doch was dann passierte, macht sie noch immer sprachlos.

„Statt die Polizei zu rufen und meine Tochter, die blutig geschlagen wurde, in ein Krankenhaus zu bringen, wurde sie mit blutendem Gesicht eine halbe Stunde lang allein in einem Zimmer gelassen, wo sie einen Rapport von dem Angriff auf sich aufschreiben sollte. Und dies, obwohl sie völlig verstört in diesem Augenblick war und Täterinnen vor dem Raum gelauert und Krawall gemacht hatten.“ Man habe ihrer Tochter gesagt, sie solle sich „das Gesicht waschen, sich hinlegen, ein bisschen Salbe auf die Haut schmieren, dann ginge das schon wieder“, so Lauras Mutter weiter.

Mutter stellt Strafanzeige gegen Mädchen-Gang

Noch am selben Tag hatte die Mutter Strafanzeige gegen die Mädchen-Gang bei der Polizei gestellt. Und zumindest nach einem zweiten Gespräch mit der Schulleitung, das Anfang Februar stattgefunden hatte, habe sie sogar Hoffnung geschöpft, dass sich die Situation ändern könne.

„Der Schulleiter versprach mir, dass man sich darum kümmern würde, dass das Mobbing und die Gewalt gegen Laura aufhören würden.“ Zudem habe es seinerzeit sogar eine Gefährderansprache der Polizei mit Betroffenen gegeben, nachdem Laura erfahren hatte, dass sie erneut verprügelt werden sollte. Zudem habe es zeitweise Suspendierungen einiger Schülerinnen gegeben.

Doch nach Angaben von Lauras Mutter änderte das nichts am aggressiven Verhalten der Mädchen-Gang gegenüber ihrer Tochter.

Versprechungen des Schulleiters erfüllten sich für Laura und ihre Mutter nicht

Entsetzt reagierte Lauras Mutter dann erneut, als die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ (WAZ) , die im Mai zuerst über den Fall berichtete , den Schulleiter um eine Stellungnahme zu den Vorwürfen gebeten hatte.

Statt die Anfrage direkt zu beantworten, habe die Bezirksregierung Arnsberg als zuständige Schulaufsicht Stellung bezogen, schreibt die WAZ. Die Behörde habe versichert, dass die Schule „nach Bekanntwerden der ersten Vorgänge im Januar“ mit diversen Gremien mehrfach „getagt“ habe. Es seien diverse „Ordnungsmaßnahmen“ erlassen worden, „additiv“ durch „verschiedene pädagogische Maßnahmen flankiert“. Und all diese Reaktionen seien laut Bezirksregierung für „angemessen, verhältnismäßig und geeignet“ befunden worden, „um den Schülerinnen ihr schwerwiegendes Verhalten zu verdeutlichen und ähnliches Verhalten zukünftig zu verhindern“.

„Doch wie“, fragt sich Lauras Mutter, „kann dies sein, wenn das Mobbing bis vor kurzem angedauert und es nur wenige Wochen später einen erneut brutalen Angriff auf Laura gegeben hatte?“. Am 19. März sei Laura von Schülerinnen in einer 5-Minuten-Pause in eine Ecke gedrängt und so heftig geschlagen worden, dass sie ein Schädel-Hirn-Trauma und eine Stauchung des Bauchraums davongetragen habe.

Auf die mehrfachen Nachfragen an die Schulleitung, wie der anschließende „mehrtägige Verweis“ ihrer Tochter begründet wurde, habe sie keine Antwort erhalten, erzählt Lauras Mutter weiter. „Ganz offenbar, weil der Rektor den Täterinnen glaubte, meine Tochter habe den Streit angefangen.“

Dienstaufsichtsbeschwerde bei Schulaufsicht eingereicht

Inzwischen hat die Mutter eine neue Schule für ihre Tochter gefunden. Doch erledigt hat sich die Sache für sie damit nicht. „Meine Tochter hat Angst, rauszugehen, die Leichtigkeit des Lebens ist verschwunden. Und natürlich hatte sie nicht die Kraft, sich so auf das Lernen zu konzentrieren, wie sie das unter normalen Umständen gekonnt hätte.“ Zudem hat sich Lauras Mutter einen Anwalt genommen und Dienstaufsichtsbeschwerde bei der Bezirksregierung eingereicht.

Anti-Gewalt-Experte Stahl: „Schulleiter haben Angst, sich zu Mobbing zu äußern“

Unterstützung erfährt Lauras Mutter dabei auch vom Anti-Mobbing- und Anti-Gewaltexperten Carsten Stahl, den Lauras Mutter selbst um Unterstützung gebeten hat. „Viele Schulleiter haben davor Angst, sich öffentlich über Mobbing und Gewalt an ihren Schulen zu äußern. Zum einen, weil sie besorgt sind, dann als 'Problemschule' stigmatisiert zu werden, zum anderen, weil sie befürchten, ihren Job zu verlieren, wenn sie ihren Mund aufmachen“, sagte Stahl zu FOCUS online.

Dies sei fatal, betont Stahl, der seit zehn Jahren als Präventions-Coach auf diesem Gebiet arbeitet. Denn durch dieses „offizielle Leugnen“ von Mobbing und Gewalt, unter denen Woche für Woche an deutschen Schulen Hunderttausende Schülerinnen und Schüler litten, würden die Betroffenen sich selbst überlassen, während sich das „Recht des Stärkeren“ ungehindert durchsetzen könne.

„Wir brauchen Kultur des Hinsehens und Handelns“

Stahl plädiert daher dafür, dass sowohl Schulen als auch Eltern diesem Problem, dass durch soziale Medien über die Handys „extrem verstärkt“ werde, viel offener begegnen müssten. „Ein solches Problem kann man nur lösen, wenn man es offen benennt und auch bereit ist, Maßnahmen zu treffen“, so Stahl. „Wir brauchen eine Kultur des Hinsehens und des Handelns.“

Um dies zu erreichen, müsse man „Lehrern und Schulleitungen beistehen“ und Präventionsarbeit vorantreiben. „Und wir müssen die Eltern mehr in die Pflicht nehmen, denn sie sind diejenigen, die den Kindern diese 'Waffe', wie ich die Handys nenne, kaufen“, ergänzt der Experte.

15-Jährige von Mädchen-Gang blutig geprügelt - Mutter macht Schule schwere Vorwürfe (2024)
Top Articles
Latest Posts
Article information

Author: Pres. Carey Rath

Last Updated:

Views: 6024

Rating: 4 / 5 (61 voted)

Reviews: 84% of readers found this page helpful

Author information

Name: Pres. Carey Rath

Birthday: 1997-03-06

Address: 14955 Ledner Trail, East Rodrickfort, NE 85127-8369

Phone: +18682428114917

Job: National Technology Representative

Hobby: Sand art, Drama, Web surfing, Cycling, Brazilian jiu-jitsu, Leather crafting, Creative writing

Introduction: My name is Pres. Carey Rath, I am a faithful, funny, vast, joyous, lively, brave, glamorous person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.